Sedimente V-IV

Sedimente V 


Tusche auf Glas, hinterleuchtet, Stahlrahmen schwarz

Köln 2020

Die Abbildung eines Ortes.

Ein Zeitraum gebannt, in Tusche auf Glas. Ein Prozess, elementarer als Fotografie es je sein könnte. Gesteuert durch den Ort an sich. Erdrückende Hitze, klirrende Kälte, erstickender Smog, kristallklare Luft, brennende Sonnenstrahlen und tiefster Schatten. Erdstrahlung und Magnetismus bilden sich, bilden den Ort ab. Eine Abbildung ohne bildhaft zu sein.

Doch was ist es, was einen Ort zu einem emotional wirkenden Raum macht?
Angenommen, ein Ort hätte eine Seele, so ist sie verborgen und dennoch essentiell für das Empfinden eines Ortes. Sie ist spürbar, hat Einfluss auf den Menschen, sein Verhalten und seine Emotion. Sie packt ihn an seinen Urinstinkten, weckt sein Wurzelempfinden.

Wie entsteht eine Seele? Wenn sie sich aus dem Ort an sich bildet, beeinflusst durch natürliche und künstliche Elemente, Geschichte und Geist des Ortes, ist sie dann in ihm selbst gespeichert? Redewendungen wie „Hier waren große Geister am Werke“ oder „Ort des Grauens“ legen nahe, dass der Mensch geistige Spannungen auch Jahrzehnte später noch erfahren kann. Kann sich diese geistige Spannung auf Mensch und Objekt übertragen? Kann sie konserviert, transportiert und erneut freigesetzt werden?

Materie wird zu Geist, Geist zu Materie.

Wenn dem so ist, welchen Einfluss hat die Seele eines Ortes auf materielle Dinge, wo sie doch selbst immateriell ist? Kann sie einen Prozess beeinflussen? Ihn verlangsamen oder beschleunigen? Seine Wirkung verstärken oder abmildern? Oder ist sie es gar, die ihn erst in Gang bringt?

Dann wären die Sediment-Arbeiten nicht nur die Abbildung eines Ortes, sondern die Abbildung seiner Seele. Viel mehr noch die Materialwerdung ihrer Selbst.

Das Digitale tötet alles. Ein jeder Gedanke, jedes Gefühl wird von leuchtenden Bildschirmen geschluckt. Wie ein Filter aus Glas versperren sie sich allem Menschlichen. Und doch haben sie uns fest im Griff. Und mit jeder Sekunde fressen sie sich tiefer in den Geist. Bis es uns fast zerreißt, der Wahnsinn uns zersprengt. So lechzt der Mensch nach Echtem. Nach Reinheit. Nach dem puren Ort. Nach direktem instinktiven Kontakt zum Sein.

In Zeiten der Digitalisierung, der unendlichen Beschleunigung, des Rasens und des Rauschens, des ohrenbetäubenden Lärms und des grellen Leuchtens bilden diese Arbeiten den analogen Kontrapunkt.

Düsseldorf, 2018




Sedimente V-V



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Sedimente V-III




Sedimente V-VII